Frauenpower

Wir erleben in der Pandemie eine neue Frauenpower. Mai Thi Nguyen-Kim, Viola Priesemann, Melanie Brinkmann, Sandra Ciesek stehen für selbstbewusste, meinungsstarke Frauen in den Naturwissenschaften. Warum das noch nicht selbstverständlich ist zeigt der US-amerikanische Dokumentarfilm „Picture A Scientist – Frauen der Wissenschaft“.

Wissenschaftlerinnen müssen einen stetigen Kampf um Anerkennung, Respekt und Gleichbehandlung führen. Sie werden gemobbt, sexuell belästigt, ihre Leistungen werden nicht anerkannt oder man wird, wenn man wie Raychelle Burks nicht weiß ist, mit einer Mitarbeiterin der Reinigungsfirma verwechselt. Verliehene Doktortitel in den USA 2016 in den MINT-Fächern: Männer 47,9%, weiße Frauen 25,7%, schwarze Frauen 2,2% (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).

Raychelle Burks ist Chemieprofessorin. Sie und die anderen Wissenschaftlerinnen im Film berichten eindrucksvoll, wie oft sie daran gedacht haben, aufzugeben. Aber sie haben weitergemacht, haben sich gegen die Borniertheit, Gehässigkeit und Aggression der Männer gestellt. „Du gewöhnst dich daran, unterschätzt und schäbig behandelt zu werden“, sagt Raychelle Burks. Ach ja? Gewöhnen sich Männer daran, Frauen schäbig zu behandeln? Ein Kollege der Geologin Jane Willenbring traut sich vor die Kamera, der den Erniedrigungen, denen Jane durch ihren Chef ausgesetzt war, tatenlos zusah. Er hat inzwischen verstanden, was wir Männer verstehen müssen: Empathie, Fürsorge und Engagement für Schwächere sind keine exklusiv weiblichen Eigenschaften, sondern Attribute, die einen Mann stark machen.

Die Sozialwissenschaftlerin Corinne Moss-Racusin führte ein interessantes Experiment durch: Sie verschickte die auf den exakt gleichen Qualifikationen basierenden Bewerbungen jeweils zur Hälfte unter Frauen- und Männernamen an US-amerikanische MINT-Fakultäten. In den Rückmeldungen wurden die Frauen in allen Kategorien deutlich schlechter beurteilt und ihnen wurde ein schlechteres Gehalt in Aussicht gestellt. Wie gesagt, bei exakt gleicher Qualifikationsbeschreibung auf dem Papier. Das Problem ist evident, viele Männer ignorieren es nach wie vor oder halten die Ungleichheit bewusst aufrecht.

Aber der Film von Ian Cheney und Sharon Shattuck macht Mut. Wir erleben selbstbewusste Frauen, die ihren Weg in einer Männerdomäne gegangen sind und diesen Weg auch für Mädchen geebnet haben, die Biologinnen, Astronautinnen, Chemikerinnen und Mathematikerinnen werden wollen. Wer verändern will, muss handeln. Das betrifft vor allem auch Männer, die erkannt haben, dass überholte Rollenmodelle nicht zukunftstauglich sind.

„Picture A Scientist – Frauen der Wissenschaft“ ist bis zum 29. Mai 2021 exklusiv im Online-Kino über Vimeo zu stehen. Ein Online-Ticket kostet 10€, die teilnehmenden Kinos erhalten 50% der Erlöse des Kartenverkaufs.

Picture a scientist

++ IDEALKAPITAL KULTURTIPP ++ Lesen gegen das Vergessen ++ Onlineveranstaltung ++ Montag, 10. Mai 2021, 18 Uhr ++ Erinnert wird an Schriftstellerinnen und Schriftsteller, deren Bücher am 10. Mai 1933 in 22 deutschen Universitätsstädten öffentlich verbrannt wurden ++ Eine Veranstaltung von Die Linke im Deutschen Bundestag ++