Regenbogenfarben

Die ungarische Regierung protestierte, weil das Münchner Fußballstadion beim EM-Spiel Deutschland-Ungarn am vergangenen Mittwoch in Regenbogenfarben erleuchtet werden sollte. Die UEFA verbietet daraufhin die Illumination.

Im Jahr 1961 wurde die Regenbogenfahne mit dem Schriftzug „Pace“ in Italien als Friedensfahne entworfen, mit umgekehrter Farbenreihung ist sie seit den 1970ern das internationale schwul-lesbische Symbol. Der Monat Juni ist der „Pride Month“für die LGBTIQ-Bewegung, denn am 28. Juni 1969 wehrten sich Homosexuelle zum ersten Mal gegen die schikanösen Polizeirazzien in New York, ein neues Selbstbewusstsein unter dem Motto „Gay Power“ war geboren.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) interpretiert die Farben als Bekenntnis für „Diversität, Offenheit, Toleranz und gegen Hass und Ausgrenzung“. Torhüter Manuel Neuer trägt bei den EM-Spielen eine Kapitänsbinde in den Regenbogenfarben. Das rief die AfD auf den Plan, die in den asozialen Netzwerken gegen die „Schwuchtel“-Binde polemisierte. „Ich fordere“, twitterte die Zahnärztin und AfD-Abgeordnete im baden-württembergischen Landtag Christina Baum, „ein Verbot des Christopher Street Day! Keine Akzeptanz für die Zurschaustellung sexueller Obszönitäten!“ Was für eine verbale Obszönität. 

Weltweit haben die Rechtsradikale ein Problem mit diverser Sexualität. Das ungarische Parlament verabschiedete eine Woche zuvor ein Zensurgesetz, das die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender (LGBTIQ) beschneidet. Bücher, Filme und Werbung werden verboten, in denen eine Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht.

Es ist nicht weiter überraschend, dass Faschisten ein Problem mit freier Sexualität haben. Die Unsicherheit gegenüber der eigenen sexuellen Orientierung hat schon Klaus Theweleit in seinem epochalen Werk „Männerphantasien“, das 1977 erschienen ist, am Beispiel des deutschen Militarismus und Faschismus aufgezeigt. Gewalt und verklemmte Sexualität bedingen sich. Die Angst vor einer freien Sexualität schlägt um in Hass und Unterdrückung.

Für die AfD war die Regenbogen-Debatte eine gute Gelegenheit, gegen Ehe für alle, Regenbogenfamilien, Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare, das „d“ im Personalausweis, Gendersternchen, die Linke, die Grünen zu polemisieren. Durch die Regenbogenfahne sieht sie das Fundament des christlichen Abendlandes, von Vaterland und Patriotismus bedroht. Wie immer bedient die AfD eine kulturelle Folklore, die so abgestanden ist wie die Luft im Führerbunker.

Ob die UEFA das Endspiel nach Budapest vergibt und damit Diktator (Jean-Claude Juncker) Orbán vor die Füße legt? Noch besser aufgehoben wäre das Finale in Baku. Denn Aserbaidschan ist ja quasi ein mittelständisches Familienunternehmen, was die Affinität von CDU-Abgeordneten für Geldzuwendungen aus diesem Land erklärt. 

UEFA und FIFA können sich ihre Statements gegen Rassismus und Intoleranz in Zukunft sparen. Auch im kommenden Jahr ist es bei der WM in Katar an den Spielern und an den Fans, Flagge zu zeigen, die Regenbogenflagge. Leon Goretzkas Herz-Geste nach seinem Ausgleichstreffer im Spiel gegen Ungarn in Richtung der faschistischen Schwarzhemden im ungarischen Block war das passende Zeichen gegen Hass und Hetze.

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