Alarmstufe Rot

Der Wahlkampf der Grünen bleibt ohne Fortune. Die anderen Parteien lassen auf Inhalte warten, die Grünen könnten jede Woche Punkte machen, aber auch sie verstolpern bisher ihre Kampagne.

Die aktuelle Bestandsaufnahme des Weltklimarates IPCC zur Erderwärmung vom 9. August 2021 fällt düster aus: Dürren, Hitzewellen, Unwetter, Waldbrände werden häufiger. UN-Generalsekretär Guterres ruft die „Alarmstufe Rot“ aus. Dennoch bleibt Gestaltungsspielraum - wenn wir jetzt handeln. Was können wir tun?

Immerhin schlagen die Grünen ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht vor. Daraufhin twitterte Friedrich Merz am 5. August: „Der Vorschlag für ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht zeigt das staatsautoritäre Denken der Grünen. Gesetze werden bei uns im Parlament beschlossen. Es ist mit der Verfassungsordnung unvereinbar, dass ein Ministerium gegen Bundestagsentscheidungen ein Veto einlegt.“

Klar muss Merz dagegenhalten, wenn sein Kanzlerkandidat schon nicht reagiert. Interessant an seinem Statement ist aber, dass Merz die Geschäftsordnung der Bundesregierung nicht kennt. Dort ist in § 26 festgelegt, dass die Bundesminister der Finanzen, der Justiz und des Inneren ein Vetorecht gegen Gesetzesvorlagen im Kabinett haben. Selbstverständlich ließe sich das auf ein Klimaministerium erweitern, und genau das schlagen die Grünen vor. (Link: Geschäftsordnung der Bundesregierung)

Bereits in den 1970er-Jahren war Ölmultis wie Exxon klar, dass Ihre fossilen Energieprodukte und der CO2-Ausstoß zur Klimakrise führen. Was machten sie? Desinformation. Sie orientierten sich dabei an den Tabakmultis, die Jahrzehnte lang mit gefälschten Expertisen leugneten, dass Rauchen Krebs verursacht. (Link: Alexandria Ocasio-Cortez grills former Exxon scientists on oil giant's climate change denial)

Einer der prominentesten Desinformanten für die Klimaleugner-Fraktion ist Friedrich Merz. Er gehört wie die FDP zu jenen Neoliberalen, die sich wie Suchtkranke verhalten: Noch mehr Wachstum, noch mehr Profit, gebt mir den nächsten Schuss! Es wird Zeit, dass wir die Neolibs auf Entzug schicken und die Unionsparteien in die Opposition.

Der nächste Stuss ist die beginnende Desinformationskampagne für die Reaktivierung der Atomkraft. Ja, Atomkraftwerke stoßen kein CO2 aus. Das ist das einzige Argument, das man zu ihren Gunsten anführen könnte. Gegen AKS gibt’s mehrere gute Argumente: Die Uranvorräte sind begrenzt. Kein AKW weltweit lief jemals profitabel, ein AKW erwirtschaftet während seiner Laufzeit im Durchschnitt einen Verlust von 1,5 Mrd. Euro. Last but not least: Die sichere Endlagerung des radioaktiven Mülls ist völlig ungeklärt. Mit dieser Technologie würden wir erneut den gleichen Fehler machen wie mit den fossilen Energieträgern, wir würden die nächsten Generationen mit den ungelösten Folgen alleine lassen. 

Genau dagegen könnte sich ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht positionieren. Es könnte die Folgen jedes Gesetzgebungsprojekts für Mensch, Klima und Biosphäre bewerten, den Daumen heben oder senken. Es könnte die Sucht nach Profit-um-jeden-Preis ersetzen durch wissenschaftsbasierte Risikoabwägung. Wenn wir unseren Kindern und Enkeln noch eine Zukunft lassen wollen, dann bleibt uns gar nichts anderes übrig als eine Klima-Ministerin oder ein Klima-Minister mit Durchsetzungskraft.

TIPP: Climate Change Solutions Simulator. Auf www.climateinteractive.org wird ein sehr spannendes, interaktives Werkzeug angeboten zur Berechnung der weltweiten Erwärmung.

Part of the Solution

++ IDEALKAPITAL KULTURTIPP ++ ARTE-Mediathek: Im Fadenkreuz der Machthaber. Angriff auf die Zivilgesellschaft ++ Wo Autokraten und Populisten regieren, geraten bürgerliche Freiheiten unter Druck. Eine journalistische Spurensuche von Sebastian Weis in Indien, Russland und Polen. ++ Verfügbar bis 31.10.2021 ++