Freiheit in Corona-Zeiten
Persönliche Freiheitsrechte gelten nie unbeschränkt. Wir haben ein weitgehendes Rauchverbot eingeführt. Damals gab es erbitterten Protest dagegen, etwa ein Drittel stimmte in Umfragen dagegen, von Seiten der FDP wurde die unzumutbare Einschränkung von Freiheitsrechten angeprangert. Aber der Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens wurde höher gewichtet. Regt sich heute noch jemand über das Rauchverbot auf? Nein, wir sind froh, dass wir nicht mehr in verqualmten Restaurants essen müssen.
Österreich hat seit Montag einen Lockdown für Ungeimpfte eingeführt, an einer Impfpflicht wird gearbeitet. Aber, heißt es bei uns, wie sollte man die kontrollieren? Genauso, wie man den Lockdown für Ungeimpfte kontrolliert. Genauso, wie man das Rauchverbot kontrolliert. Genauso, wie man die Gurtpflicht im Auto kontrolliert. Das funktioniert.
In einer Diskussionsrunde des ORF sprach Irmgard Griss über Freiheitsrechte. Irmgard Griss ist ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes Österreichs und argumentiert überzeugend für die Impfpflicht. Die Radikalliberalen der FDP müssten sich das Video anschauen.
Der radikale Liberalismus der FDP, die Freiheit der Impfgegner über die Freiheit der Mehrheit der Geimpften zu stellen, führt uns in eine existenzgefährdende medizinische Corona-Notlage von nationaler Tragweite. Christin Lindner zweifelt an bewährten Maßnahmen gegen die Pandemie wie Ausgangssperren, die wir nur deshalb wieder einführen werden, weil wir uns scheuen, die Impfpflicht durchzusetzen.
Zweifel an Ausgangssperren? Bei einem Virus, das nur eines zur pandemischen Vermehrung braucht: Kontakte? Marco Buschmann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, streute diese Zweifel unter Verwies auf eine Studie der Universität Gießen, die die Nutzlosigkeit von Ausgangssperren belegen soll. Wir schauen nach und stellen fest: Buschmann verdreht das wissenschaftliche Ergebnis zugunsten der eigenen Ideologie.
Die Forschungsgruppe der Uni Gießen hatten nächtliche Ausgangssperren in Hessen während der zweiten Coronawelle zwischen dem 18. November 2020 und dem 28. Februar 2021 untersucht und die Ergebnisse im April unter dem Titel „Measuring the effects of COVID-19-related night curfews: Empirical evidence from Germany“ publiziert. Die nächtlichen Ausgangssperren wurden in einem Umfeld angeordnet, in dem eine Vielzahl weiterer Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bereits in Kraft waren. Die Menschen hatten ihre Mobilität insgesamt auf das Notwendigste eingeschränkt, denn es gab noch keinen Impfstoff. Dass unter diesen Voraussetzungen zusätzliche nächtliche Ausgangssperren kein wirksames Instrument sind, leuchtet ein. Doch die FDP spricht davon, dass Ausgangssperren allgemein kein wirksames Instrument seien. Das ist falsch.
Apropos Marco Buschmann: Als in Nordrhein-Westfalen in allen Kneipen und Gaststätten ein absolutes Rauchverbot in Kraft trat, um Passivraucher gesundheitlich zu schützen, startete die FDP ihre Kampagne „Rauchverbot ist Kneipentod“. Marco Buschmann, damals Generalsekretär der Liberalen in Nordrhein-Westfalen, propagierte: „Immer mehr Bürger sind gegen das totale Rauchverbot. Deshalb ist jetzt genau die richtige Zeit für die mündigen Bürger, um sich zu wehren.“ Der Text könnte von der AfD stammen.
Die Sächsische Landesärztekammer fordert die Impfpflicht gegen Corona für alle ab 16 und weist einen Arzt aus Leipzig, der die Impfung als „Körperverletzung“ bezeichnet, in die Schranken. „Alle öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen, wie die Impfung gegen Corona, werden stets nur nach ärztlicher Aufklärung und individueller Einwilligung des Geimpften durchgeführt. Damit begehen impfende Ärzte keine Körperverletzung!“ Die Universität Leipzig hat diesem Arzt nun das Lehrpraxisverhältnis gekündigt.
Zum Schluss noch der Hinweis auf einen Beitrag von Prof. Dr. Franz C. Mayer, Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Bielefeld zur Rechtssicherheit in der Pandemie. Mayer stellt fest: „Und tatsächlich hat die FDP im letzten Jahr die Corona-Politik immer wieder als zu weitgehend kritisiert. Sie hat dabei einen vielleicht etwas arg simplistischen Freiheitsbegriff vor sich hergetragen, der sich übrigens so dem Grundgesetz nicht entnehmen lässt, das schon in Art. 2 Abs. 1 GG sehr deutlich auch auf Gemeinwohl und entsprechende verantwortliche Handhabung von Freiheit insistiert.“ Seine Prognose: „Von einer Befriedung der Debatte kann jedenfalls keine Rede sein. Es könnte ein harter Winter werden.“
Die gute Nachricht: Die Zustimmung zu einer allgemeinen Impfpflicht in Deutschland wächst laut Meinungsforschungsinstitut Forsa. Für eine Impfpflicht sprechen sich in dieser Woche 64 Prozent der Befragten in Deutschland aus.
Corona-Impfpflicht JETZT! Petition auf Campact bitte unterschreiben & andere dazu einladen.
Danke! Impfen schützt, Impfen rettet Leben.
++ KulturTipp ++„Unterwegs nach Utopia“. Ein Film von Frank Eggers in der 3SAT-Mediathek ++ Nach einem UNO-Bericht von 2020 gehen 38 % der globalen Co2-Emmissionen allein auf das Konto von Bau- und Gebäudewirtschaft. Konzepte für klimaneutrale Städte gibt es einige. Doch wie realistisch sind sie? ++